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Die 5 Herausforderungen für die Farb- und Lackindustrie

Wie man sie meistert? 

Die 5 größten Herausforderungen der Lack- und Beschichtungsindustrie meistern

blogpost challenges in the paint and coatings industry

Die Lack- und Beschichtungsindustrie durchläuft derzeit eine Phase tiefgreifender Veränderungen. Strengere regulatorische Anforderungen, steigende Nachhaltigkeitsziele und die zunehmende Komplexität der Materialien erschweren es Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Um sich an der Spitze zu halten, müssen Betriebe innovative Ansätze verfolgen. Hier sind die fünf wichtigsten Herausforderungen, die angegangen werden müssen, um die Zukunft der Branche zu sichern.

Die Farb- und Lackindustrie steht vor tiefgreifenden Herausforderungen. Strengere Vorschriften, steigende Nachhaltigkeitsanforderungen und eine immer komplexere Materialvielfalt machen es Unternehmen schwer, effizient zu arbeiten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wer regulatorische Hürden meistern,Innovationen umsetzen und moderne Technologien sinnvoll nutzen will, muss neue Wege finden. Fünf zentrale Probleme bestimmen die Zukunft der Branche – von der Umstellung auf nachhaltige Rohstoffe bis hin zur Automatisierung der Produktion. Dieser Artikel zeigt, welche Lösungsansätze es gibt und wie Unternehmen sie erfolgreich umsetzen können. 

1. Nachhaltigkeitsauflagen und steigender Innovationsdruck

Nachhaltigkeit ist längst keine freiwillige Maßnahme mehr, sondern eine zentrale Herausforderung für die Farb- und Lackindustrie. Strengere Regulierungen wie die REACH-Verordnung und Vorgaben zur Reduktion flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) zwingen Hersteller, ihre Formulierungen anzupassen. Gleichzeitig wächst der Druck aus dem Markt: Kunden erwarten umweltfreundlichere Produkte, ohne Kompromisse bei Leistung und Haltbarkeit einzugehen. 

Biobasierte Rohstoffe wie Pflanzenöle oder Algenextrakte gewinnen an Bedeutung, ebenso wie wasserbasierte Lacke zur Reduzierung von VOC-Emissionen. Gleichzeitig setzen immer mehr Hersteller auf Kreislaufwirtschaft, entwickeln Rückgewinnungssysteme und optimieren die Wiederverwertung überschüssiger Lacke, um Ressourcen effizienter zu nutzen. Für Forschungs- und Entwicklungsteams bedeutet das einen Paradigmenwechsel. 

Digitale Werkzeuge und KI-gestützte Analysen werden entscheidend, um den Lebenszyklus von Materialien besser zu verstehen und nachhaltige Alternativen schneller zur Marktreife zu bringen.

Doch die Herausforderung reicht über die Materialentwicklung hinaus: Digitalisierung und Automatisierung spielen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung nachhaltiger Strategien. KI-gestützte Prozesse helfen, Materialkreisläufe zu optimieren, Energieverbräuche zu senken und Produktionsabläufe effizienter zu gestalten. Wer in digitale Technologien investiert, kann nicht nur regulatorische Anforderungen besser erfüllen, sondern sich auch langfristige Wettbewerbsvorteile sichern. 

2. Volatile Rohstoffmärkte und steigende Kosten

Steigende und schwankende Rohstoffpreise setzen die Farb- und Lackindustrie unter Druck. Besonders betroffen sind zentrale Komponenten wie Titandioxid, Bindemittel und Additive. Während Umweltauflagen und geopolitische Unsicherheiten die Verfügbarkeit von Titandioxid einschränken, treiben schwankende Öl- und Gaspreise die Kosten petrochemisch basierter Bindemittel in die Höhe. Gleichzeitig führen Lieferkettenprobleme und Handelsrestriktionen immer wieder zu Versorgungsengpässen. 

Um diesen Unsicherheiten zu begegnen, setzen Unternehmen zunehmend auf flexible Einkaufsstrategien, verstärktes Recycling von Produktionsabfällen und den Einsatz alternativer Rohstoffe. Doch auch digitale Technologien spielen eine immer wichtigere Rolle: Digitale Simulationen und KI-gestützte Rezepturoptimierungen ermöglichen eine präzisere Materialplanung und eine effizientere Nutzung verfügbarer Ressourcen. Datengetriebene Modelle analysieren historische Daten und Prozessparameter, um optimale Rezepturen zu berechnen und Anpassungen in Echtzeit vorzunehmen. So können Hersteller nicht nur Rohstoffkosten senken, sondern auch den Produktionsausschuss minimieren. 

Die Digitalisierung wird damit zu einem entscheidenden Faktor, um wirtschaftlichen Druck abzufedern und nachhaltige Lösungen schneller auf den Markt zu bringen. 

3. Höhere Anforderungen an Produktperformance

Die Anforderungen an moderne Lacke und Beschichtungen steigen kontinuierlich. Neben klassischen Kriterien wie Beständigkeit und Farbbrillanz rücken zunehmend innovative Materialeigenschaften in den Fokus. Selbstheilende Lacke, antibakterielle Beschichtungen und temperaturadaptive Farben sind längst keine Zukunftsvision mehr, sondern entwickeln sich zu gefragten Lösungen in der Branche. 

Die Forschung setzt verstärkt auf bioinspirierte Strukturen, um mechanische Eigenschaften zu verbessern und den Materialeinsatz zu reduzieren. Ein Beispiel sind spinodoide Designs – mikrostrukturelle Muster, die die Widerstandsfähigkeit von Lacken erhöhen und gleichzeitig ressourcenschonender sind. Auch programmierbare Materialien gewinnen an Bedeutung: Sie passen ihre physikalischen Eigenschaften an Umweltfaktoren wie der Feuchtigkeit an. So ermöglichen thermochrome Lacke etwa eine Farbveränderung in Abhängigkeit von der Temperatur – eine Technologie mit Potenzial für Sicherheitskennzeichnungen oder innovative Designlösungen. 

Ein weiterer vielversprechender Ansatz sind biobasierte Bindemittel aus nachwachsenden Rohstoffen wie Algen oder Pflanzenölen. Sie bieten nicht nur eine nachhaltige Alternative zu petrochemischen Komponenten, sondern können gezielt für spezifische Industriezweige wie Bau, Automobil oder Verpackung entwickelt werden. 

Noch visionärer sind Living Material Systems, die auf biologischen Prozessen basieren. Diese intelligenten Materialien könnten sich künftig in Beschichtungen aktiv an Umweltbedingungen anpassen – etwa durch Feuchtigkeitsregulierung oder Energieerzeugung. Projekte wie die livMatS-Initiative der Universität Freiburg zeigen, wie solche Entwicklungen technologische, ökologische und soziale Herausforderungen zugleich meistern können. 

Dabei können datengetriebene Methoden die Entwicklung funktionaler Beschichtungen beschleunigen. KI-gestützte Simulationen ermöglichen es, Materialeigenschaften gezielt zu testen, Entwicklungszeiten zu verkürzen und Produktionskosten zu senken. So können Unternehmen schneller auf Marktbedürfnisse reagieren und maßgeschneiderte Lösungen entwickeln – ein entscheidender Vorteil in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld. 

4. Fehlende Digitalisierung und Automatisierung als Wettbewerbsrisiko

Während manch andere Industrie ihre Prozesse längst digitalisiert hat, bleibt die Farb- und Lackproduktion in vielen Bereichen von manuellen Abläufen geprägt. Das führt zu Ineffizienzen, Qualitätsschwankungen und steigenden Produktionskosten. Besonders zeitaufwendige Aufgaben wie die Analyse von Lackmustern oder standardisierte Prüfverfahren binden wertvolle Ressourcen – und sind anfällig für Fehler. 

Eine Lösung bietet die Hyperautomatisierung– die Kombination aus Künstlicher Intelligenz (KI), Robotic Process Automation (RPA) und maschinellem Lernen. Diese Technologien ermöglichen es, Materialtests zu automatisieren, Daten aus Labor- und Produktionssystemen intelligent zu verknüpfen und Berichte wie Materialzertifikate mit wenigen Klicks zu erstellen. KI-gestützte Algorithmen analysieren historische Daten, simulieren optimale Lackzusammensetzungen und berechnen präzise Parameter wie Trocknungszeiten für spezifische Beschichtungen 

Der Vorteil: Routineaufgaben laufen effizient im Hintergrund, während Forschungsteams sich stärker auf strategische Entwicklungen konzentrieren können. Automatisierte Formulierungsprozesse und robotergestützte Qualitätskontrollen steigern zugleich Präzision und Effizienz. Darüber hinaus ermöglichen digitale Steuerungssysteme eine durchgängige Vernetzung von Entwicklung, Fertigung und Qualitätskontrolle – ein entscheidender Hebel für effizientere Abläufe und den gezielten Einsatz von Ressourcen. 

Unternehmen, die weiterhin auf manuelle Prozesse setzen, riskieren den Anschluss an eine zunehmend automatisierte und datengetriebene Branche. Wer in digitale Technologien investiert, kann dagegen nicht nur Effizienzgewinne realisieren, sondern sich langfristig Wettbewerbsvorteile sichern. 

5. Fehlende interdisziplinäre Zusammenarbeit und Wissenssilos

Die Entwicklung moderner Lacke und Beschichtungen erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Chemikern, Ingenieuren, Datenwissenschaftlern sowie Experten für Nachhaltigkeit und Regulierung. Doch in vielen Unternehmen erschweren Wissenssilos und isolierte Arbeitsweisen den Austausch zwischen Disziplinen. Relevante Erkenntnisse bleiben oft auf einzelne Abteilungen beschränkt, was Innovationsprozesse verlangsamt und Entwicklungskosten in die Höhe treibt. Gleichzeitig wird die Materialentwicklung immer komplexer – ohne effiziente Methoden zur Wissensnutzung und interdisziplinären Zusammenarbeit geraten Unternehmen ins Hintertreffen. 

Die Automobilindustrie zeigt, wie entscheidend interdisziplinäre Zusammenarbeit ist: Chemiker optimieren Bindemittel, Ingenieure integrieren sie in Produktionsprozesse, und Simulationsexperten verbessern die Haltbarkeit durch Umweltanalysen. Digitale Plattformen fördern den Austausch von Daten und Ergebnissen, verkürzen Entwicklungszyklen und beschleunigen Innovationen. Die Verknüpfung von Labor- und Produktionsdaten mit Simulationen ermöglicht präzisere Entwicklungen, wie für selbstheilende oder antibakterielle Beschichtungen. 

Rechnekapazität zur Nutzung von KI im Labor

Doch technologische Fortschritte allein reichen nicht aus – auch die Art der Zusammenarbeit verändert sich. Neben technologischen Fortschritten gewinnen auch Soft Skills wie Kommunikation und agiles Arbeiten an Bedeutung. Unternehmen schaffen durch offene Kommunikationskulturen und flexible Arbeitsmethoden die Voraussetzungen für effektive Zusammenarbeit zwischen Disziplinen. Teams, die Wissen gezielt teilen und gemeinsam an Lösungen arbeiten, profitieren von kürzeren Entwicklungszyklen und gesteigerter Innovationskraft. 

Fazit: Zukunftssicherheit durch Material Intelligence

Die Farb- und Lackindustrie steht an einem Wendepunkt. Nachhaltigkeitsauflagen, volatile Rohstoffmärkte und steigende Anforderungen an Produktperformance und digitale Transformation setzen Unternehmen unter Druck. Wer sich diesen Entwicklungen nicht stellt, riskiert den Verlust seiner Wettbewerbsfähigkeit. 

Der Schlüssel zur Zukunftssicherung liegt aus unsere Sicht in Material Intelligence– der gezielten Nutzung von Daten, KI-gestützten Analysen und automatisierten Workflows. Unternehmen, die intelligente Systeme einsetzen, können nicht nur Materialeigenschaften optimieren und nachhaltige Alternativen schneller identifizieren, sondern auch Kosten senken, Ressourcen effizienter nutzen und regulatorische Anforderungen vorausschauend erfüllen. 

Die Zukunft der Branche wird von Innovation, Nachhaltigkeit und digitaler Effizienz geprägt sein. Unternehmen, die in moderne Technologien, Automatisierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit investieren, legen damit den Grundstein für langfristigen Erfolg – und haben die besten Chancen, aus den aktuellen Herausforderungen Wettbewerbsvorteile zu machen. 

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